Gebühren für Rettungsdienst: Vorerst erhalten Bürger:innen keine Abrechnungen
Über die Finanzierung des Rettungsdienstes herrscht derzeit landesweit Uneinigkeit zwischen den Gesetzlichen Krankenkassen und den Städten. Zum 1. September 2025 hatten die Krankenkassen erklärt, nicht mehr für die vollen Gebühren für Krankentransporte aufzukommen. Die Stadt Waltrop hatte daher, wie viele andere Städte in NRW, angekündigt, dass diese gezwungenermaßen, den Patient:innen die Gebühren in Rechnung stellt, die diese wiederum mit der jeweiligen Krankenkasse hätten abrechnen können. Das wird nun vorerst nicht der Fall sein.
Grund dafür ist, dass aktuell Bewegung in den Konflikt gekommen ist. Unter anderem hatte die SPD-Fraktion im NRW-Landtag zur Sitzung des Landtags am Mittwoch, 17. Dezember 2025, einen Eilantrag zu dem Thema eingebracht. Gleichzeitig zeichnet sich in Gesprächen auf Bundes- und Landesebene ab, dass noch im ersten Quartal 2026 das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung durch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken in den parlamentarischen Prozess eingebracht wird. Auf Landesebene hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklärt, dass eine Übergangslösung für NRW erarbeitet werde, bis das neues Bundesgesetz in Kraft trete.
In einer kurzfristig anberaumten Abstimmungsrunde haben der Landrat im Kreis Recklinghausen, Bodo Klimpel, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Vertreter:innen der Verwaltungen der kreisangehörigen Städte am Montag, 22. Dezember 2025, über den aktuellen Stand beraten. Ergebnis ist, dass – anders als zunächst vorgesehen und kommuniziert - in Waltrop zunächst keine Gebührenbescheide an die Bürgerinnen und Bürger verschickt werden. Dabei handelt es sich um eine Übergangs-Regelung, die dem derzeitigen Schwebezustand in dieser Thematik Rechnung trägt.
"Nichts überwiegt ein Menschenleben"
Die Stadt Waltrop wird die Gebühren an die Krankenkassen richten. Der Anspruch der Stadt Waltrop auf die Gebühren bleibt jedoch bestehen und verfällt nicht.
„Wir arbeiten weiterhin mit Hochdruck daran, dass die Bürgerinnen und Bürger auch langfristig nicht für Rettungsdiensteinsätze zur Kasse gebeten werden, sondern dass die Krankenkassen diese Kosten weiterhin tragen“, sagt Bürgermeister Marcel Mittelbach. Es gehe hier auch darum, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rettungsdienst zu erhalten. „Nichts überwiegt ein Menschenleben und erst recht kein Euro auf dieser Welt“, so der Bürgermeister weiter. Niemals dürfe in einer Notsituation der Gedanke an den Geldbeutel darüber entscheiden, ob man die 112 wähle.
Gleichzeitig sei die Stadt Waltrop gesetzlich dazu verpflichtet, kostendeckende Gebühren für den Rettungsdienst zu erheben; Differenzbeträge dürfen nicht aus dem Haushalt übernommen werden, sodass es rechtlich keine andere Möglichkeit für die Städte gebe, als diese den Patient:innen zu berechnen.
Hintergrund des Konflikts
Entzündet hatte sich der Konflikt um die Finanzierung des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen an sogenannten Fehlfahrten – also Fahrten ohne anschließenden Transport in ein Krankenhaus. Die Städte sind gesetzlich verpflichtet, ihre Gebührensatzungen nach den anrechenbaren Kosten zu kalkulieren und umzusetzen. Grundlage hierfür ist das Rettungsgesetz NRW (RettG NRW). Dieses erlaubt ausdrücklich, auch Fehlfahrten als ansatzfähige Kosten zu berücksichtigen (§ 14 Absatz 5 RettG NRW).
Die Krankenkassen verweigern jedoch seit Kurzem die Anerkennung dieser Praxis und stützen sich auf das Sozialgesetzbuch V (§ 60 SGB V), das die Übernahme von Fahrkosten nur bei einem Transport ins Krankenhaus vorsieht. Als „Fehlfahrt“ werten sie deshalb sämtliche Einsätze ohne Transport. Dazu gehören auch die Fälle, in denen vor Ort aufwendige medizinische Maßnahmen mit Materialeinsatz oder sogar Reanimationen erfolgen. Diese medizinischen Leistungen gehören seit jeher zum Alltag des Rettungsdienstes.
Da die Städte kostendeckende Gebühren erheben müssen und die Differenzbeträge nicht aus ihrem Haushalt übernehmen dürfen, müssen sie diese direkt bei den Gebührenschuldnern (Patienten) erheben. Der Konflikt zwischen beiden Rechtsauffassungen kann letztlich nur vom Gesetzgeber oder durch ein Gericht gelöst werden.
Die Stadt Waltrop informiert anlassbezogen über neue Erkenntnisse zu diesem Thema. Auch in der nächsten Sitzung des Rates der Stadt Waltrop wird die Verwaltung die Rettungsdienst-Gebühren thematisieren.