Geschichte Waltrops

Lage und territoriale Zugehörigkeit

Waltrop entstand etwa vier Kilometer südlich der Lippe am östlichen Rand des Kreises Recklinghausen und ist mit dessen Geschichte aufs engste verbunden. Für rund 700 Jahre bis 1803 gehörte das einstige „Vest Recklinghausen“ politisch zum Herrschaftsbereich der Kölner Erzbischöfe. Die exponierte Randlage an der Grenze dreier Länder – Fürstbistum Münster, Grafschaft Mark, Reichsstadt bzw. Grafschaft Dortmund – innerhalb der kölnischen Enklave Vest Recklinghausen führte in Waltrop immer wieder zu Kämpfen und Zerstörungen bei den zahlreichen Territorialfehden.

1815 kam das Vest als Teil der Preußischen Provinz Westfalen zum Königreich Preußen. Aus dem alten Vest wurde zusammen mit der bis dahin fürstbischöflich-münsterschen Herrlichkeit Lembeck 1816 der neue Landkreis Recklinghausen im Regierungsbezirk Münster gebildet. Die kirchliche Zugehörigkeit des Vestes ging 1821 auf das Bistum Münster über.

Alte Pfarrkirche St. PeterDer Ort 

Der Ort Waltrop zeigt ein für Ruhrgebietsverhältnisse ungewöhnlich geschlossenes Siedlungsbild. Die bebaute Fläche mit der historischen Innenstadt im Kern um die katholische Hauptkirche St. Peter liegt als Einheit in der Mitte des Gemeindegebietes, rings umgeben von den übrigen agrarisch geprägten sechs Bauerschaften. Diese Grundstruktur findet sich im Prinzip bereits zu Beginn des zweiten Jahrtausends, als sich um die Petruskirche ein Ort herauszubilden begann.

Der Ortsname „Waltrop“ bzw. „Waldorp“ taucht allerdings erstmals 1147 in einer Urkunde des Papstes Eugen III. auf, in welcher Schenkungen an die Abtei (Köln)Deutz bestätigt werden. 1234 ist in Waltrop ein Freistuhl erwähnt. 1428 wird der Ort als „Freiheit“ bezeichnet und damit deutlicher aus dem bäuerlichen Umfeld herausgehoben. Das Kirchdorf ist Krämer- und Handwerkersiedlung, seit 1596 ausgestattet mit dem Recht auf zwei Jahrmärkte im Mai und September, die sich zu bedeutenden Viehmärkten entwickelten.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein blieb die Landwirtschaft absolut dominierend. Im 19. Jahrhundert gewannen dann Ziegeleien größere Bedeutung, ebenso Holzhandel und Holzverarbeitung, insbesondere als Zulieferer für den im Kernruhrgebiet expandierenden Zahlen & Fakten Bergbau. Den Status einer Minderstadt konnte Waltrop aber offenbar nicht überschreiten bzw. behalten, zählte jedoch zu den relativ großen Dörfern. 1817 lag die Einwohnerzahl bei 2.543, 1840 bei 2.966, 1864 bei 3.339, 1892 bei 3.682 und 1900 bei 4.137.

Um 1900 erfuhr Waltrop einen Wachstumsschub, zunächst durch den Bau des 1899 eröffneten Dortmund-Ems-Kanals und die im gleichen Zeitraum angelegten und für großflächigen Gemüseanbau genutzten Rieselfelder im Norden, in erster Linie aber auf Grund der ab 1903 abgeteuften Zeche Waltrop. Bis zu ihrer Schließung im Sommer 1979 war die Zeche der mit Abstand größte Arbeitgeber am Ort. Das Mitte des 19. Jahrhunderts aus den Gemeinden Waltrop, Horneburg und Henrichenburg gebildete Amt Waltrop bestand bis zum 31.12.1974. Horneburg kam zu Datteln, Henrichenburg zu Castrop-Rauxel, Waltrop blieb kreisangehörige Stadt im neu gebildeten Kreis Recklinghausen.

Historischer StadtkernHistorischer Stadtkern

Wenngleich Waltrop den Stadttitel erst  seit 1939 besitzt, so ist der Ort selbst doch  weitaus älter. Das Zentrum mit dem historischen  Stadtkern macht in seinen Bauten  und Straßenzügen die Entwicklungsgeschichte  Waltrops bis heute anschaulich. Keimzelle Waltrops ist der Raum um die  Pfarrkirche St. Peter. Von dieser Kirche ist  1032 die Rede in einer Schenkungsurkunde  des Kölner Erzbischofs Pilgrim an die  Benediktinerabtei in Deutz.

Der Ortsname  Waltrop ist darin allerdings nicht ausdrücklich  genannt, vielmehr ist von den übrigen  Kirchen „in Saxonie partibus“ die Rede. Dass  damit die Waltroper Kirche gemeint war,  zeigt eine Bestätigungsurkunde von 1164,  worin nun alle 1032 verschenkten Kirchen  im einzelnen aufgeführt sind, einschließlich  eben derjenigen in „Vualtohorp“. Diese  dem heiligen Petrus geweihte Kirche ist das  Herzstück des mittelalterlichen Waltrop.  Um den auch als Friedhof dienenden Kirchhof  legte sich im Mittelalter eine Wall-Graben–  Anlage, so dass mit dem massiven  Steinbau der Kirche selbst ein Schutz für  die Bewohner der Bauerschaften geboten  werden konnte. So konnte Waltrop 1428  auch als „Freiheit“ bezeichnet werden. 

Auf den gegen Ende des Mittelalters  eingeebneten Befestigungsflächen wurden  Häuser errichtet, sogenannte Kirchhofspeicher.  Sie dienten entweder nur als Lager  oder als Gewerberaum, vor allem seit dem  Ende des 17. Jahrhunderts vermehrt auch  als Wohnungen. Herausragend ist ein an   der Südostecke des Kirchplatzes gelegenes  Fachwerkhaus. Dieses „Tempel“ genannte  zweigeschossige Gebäude stammt aus dem  Jahr 1575. Mit seinem zum Kirchplatz an  der Traufseite überkragenden Obergeschoß,  den dreifach gekehlten Knaggenhölzern  zur Abstützung dieser Vorkragung, symmetrisch angeordneten Fenstern und den mit Andreaskreuzen geschmückten Brüstungsfeldern  besitzt der Tempel Schmuckelemente,  die ihn als Repräsentationsbau  des späten 16.Jahrhunderts kennzeichnen.  Vermutlich diente er als gemeinschaftlich  genutzter Speicher und Treffpunkt einer  „Bauerngilde“     Die ursprünglich geschlossene Ringbebauung  erhielt nur an wenigen Stellen  Durchlässe, so an der „Rösterstraße“. Im  Namen dieser Straße spiegelt sich der Umstand,  daß der Zugang zum Kirchplatz am Boden mit Rosten gesichert und damit für  streunende Tiere – Schweine, Hunde – unpassierbar  war.

Die Kirche St. Peter verdankt  ihre heutige Gestalt dem Bevölkerungswachstum  am Ende des 19. Jahrhunderts.  Der alte Chorraum wurde abgerissen und  quer vor das Langhaus eine große rechteckige  Halle mit Sternengewölbe gelegt,  an die dann eine vergrößerte Choranlage  gebaut wurde (1895 eingeweiht). Der Baustoffwechsel vom Bruchstein der älteren  Gebäudeteile zum rötlichen Ziegelstein der  neuen Teile ist markant. 1929 wurde der  bei einem Blitzeinschlag 1783 stark in Mitleidenschaft  gezogene Turm wieder von 24  auf 43 Meter erhöht und mit einem Spitzhelm  bekrönt.

Zu den bemerkenswertesten  Schätzen im Inneren der Kirche gehört  ein aus grauem Sandstein gehauener Taufbrunnen  aus dem 12. Jahrhundert, dessen  Bilderfolge in ihrer Symbolik bis heute nicht  eindeutig entschlüsselt werden konnte. Außerhalb Waltrops erfährt heute meist  ein anderes Waltroper Baudenkmal größere  Beachtung: Das in der Tat beeindruckende  Ensemble von vier Abstiegsbauwerken  der Kanalschifffahrt auf engstem Raum,  mit zwei Hebewerken und zwei Schleusen  aus den Jahren 1899, 1914, 1962 und  1989. Und seit wenigen Jahren sind auch  die denkmalgeschützten Hallen der ehemaligen  Zeche Waltrop ein viel besuchter  Anziehungspunkt geworden.  Die sich über etwa ein Jahrtausend erstreckende  Geschichte des „alten“ Waltrop  aber ist im Stadtkern weiterhin präsent.

Bild vom Naherholgsgebiet im Waltroper Osten

"Wohnstadt im Grünen" und "Stadt der Schiffshebewerke"

Die Stadt Waltrop trägt heute besonders zwei Beinamen, die ihre besondere Güte und ihr Ansehen in der Region ausdrücken: Waltrop gilt als "Wohnstadt im Grünen", sie ist die "Stadt der Schiffshebewerke". Der eigentliche Ursprung Waltrops geht weit zurück. Erstmals urkundlich erwähnt wurde nicht das Dorf selber, sondern ein Reichshof in der Bauerschaft „Elmenhorst", der von Karl dem Großen (747 bis 814) gegründet worden ist.

Der Gemeinde Waltrop wurden am 30. Januar 1939 die Stadtrechte verliehen, weil sie „durch ihre Einwohnerzahl und die Größe ihres Gebietes, durch ihre wirtschaftliche Bedeutung und die hierdurch bedingte berufliche Gliederung und Wohnweise ihrer Bürger, durch ihre Verkehrslage, ihre kulturellen und sozialen Einrichtungen städtisches Gepräge besitzt", heißt es im offiziellen Urkundentext. Das Gebiet der Stadt ist 46,98 Quadratkilometer groß und gehört zum Kreis Recklinghausen.

Richtig in Schwung kam die städtische Entwicklung, wie wir sie heute kennen, erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit den Auswirkungen der Industrialisierung. Die Nordwanderung des Bergbaus im Ruhrgebiet hatte auch Waltrop erfasst. An mehreren Stellen im Stadtgebiet wurde mit dem Abteufen begonnen. Aufgrund der Größe der Zechenanlagen wuchs auch der Bedarf an Bergleuten. Somit wuchs auch die Zahl der Einwohner an. 4.000 Bürgerinnen und Bürger zählte das Kirchdorf um 1900, zehn Jahre später hatte sich die Zahl bereits verdoppelt. Zum Ende des 2. Weltkriegs lebten 14.500 Menschen in der mittlerweile mit dem Stadtrecht versehenen Stadt Waltrop. Auf dem Höhepunkt der Zechenaktivitäten in den 60er Jahren waren rund 25.000 Menschen in Waltrop zuhause. Zur Jahrtausendwende sind es trotz des Endes der Zechengeschichte mehr als 30.000 Bürgerinnen und Bürger.

Heute ist Waltrop als Wohnstadt besonders bei Arbeitnehmern der großen Ruhrgebietsmetropolen sehr beliebt. Denn die Stadt hat viele schöne Ecken und zeichnet sich vor allem durch ihre vielen Grün- und Ruheflächen aus.

Bild vom Stadtleben in Waltrop"Leb Wohl" in Waltrop - dieser fromme Wunsch kann buchstäblich Wirklichkeit werden, wenn man in Waltrop wohnt und lebt. Denn die sieben Buchstaben des Ausspruchs „Leb wohl" sind gleichzeitig die Anfangsbuchstaben der sieben Bauerschaften, die das Stadtgebilde Waltrops ausmachen: Dazu gehören zum einen Leveringhausen im Süden des Stadtgebietes, Elmenhorst im Osten an der Grenze zu Lünen und Brockenscheidt im Südosten, direkt angrenzend an die große Westfalenmetropole Dortmund.

Dazu gehören zum anderen der Stadtkern Waltrop im Zentrum, Oberwiese mit den Schiffshebewerken im Westen sowie Holthausen im Norden und Lippe an der Stadtgrenze zu Datteln im Nordosten. Bis zum 31. Dezember 1974 gehörten auch Horneburg und Henrichenburg zum damaligen Amt Waltrop. Im Zuge der Verwaltungsreform wurde Horneburg allerdings eine Dattelner Gemeinde, Henrichenburg kam zu Castrop-Rauxel.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein war Waltrop ein Gebiet mit ausschließlich ländlichem Charakter. Erst mit der Nordwanderung des Bergbaues unter Abteufung der Zeche Waltrop im Frühjahr 1903 setzte hier die industrielle Entwicklung ein. Von nun an prägte der Bergmann zusammen mit den Bauern das Gesicht der Stadt Waltrop. Mitte des Jahres 1979 schloss die Zeche Waltrop, damals mit Abstand der größte Arbeitgeber am Ort mit rund 2.000 Beschäftigten, ihre Werkstore.

Mit der Industriealisierung wuchs auch die Bedeutung Waltrops als Stadt der Schiffshebewerke und Schleusen. Im Zusammenhang mit dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals entstanden seit der Jahrhundertwende auf dem heutigen Gebiet der Stadt Waltrop zwei Schiffshebewerke (1899 und 1962) und zwei Schleusen (1914 und 1989), ein in Europa einmaliges Ensemble technischer Kulturdenkmäler und aktuell genutzter Bauwerke, durch die die Stadt an das westdeutsche Wasserstraßennetz angebunden wurde.